Das Thema Liebeskummer ist so alt wie Menschheit. Zu allen Zeiten haben Menschen andere Menschen verlassen oder wurden selbst verlassen.
Damit dann richtig umgehen - das kann nicht jeder Mensch!
Ich habe nun versucht, diesem Phänomen Liebeskummer auf die Spur zu kommen. Bei meinen Recherchen fand ich im Tagesspiegel einen Artikel des Journalisten Bas Kast, den ich hier auszugsweise wiedergebe.
Tagesspiegel vom Februar 2005
– Ein Bericht von Journalist Bas Kast Über das Thema Gesundheit (auszugsweise)
Das romantische Leiden
Liebeskummer ist mehr als der Massenkonsum von Schokolade. Er wirkt auf Körper und Seele. Wissenschaftler haben herausgefunden: Liebende sind Junkies. Und nach der Trennung kommt der kalte Entzug.
Manchen schlägt er auf den Magen. Viele verlieren innerhalb von Tagen ein paar Pfund oder gar Kilo an Gewicht, andere lässt er den Kühlschrank plündern.
Die einen greifen zu Tabletten, die anderen zur Flasche, wieder andere schneiden sich die Pulsadern auf.
Schlaflosigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Konzentrationsverlust, die Beschwerden sind so vielfältig, wie die Betroffenen selbst.
Allen aber, die unter ihm zu leiden haben, ist eins gemeinsam: Ihr Herz ist gebrochen.
Diagnose: Liebeskummer.
Eigentlich ist Liebeskummer eine völlig normale Reaktion auf das Ende einer Beziehung oder auf eine unglückliche Liebe,
sagt Ina Grau, Psychologin an der Universität Bielefeld. Eigentlich…
Der Verlust führt zu gravierenden Veränderungen im Hirn – wie bei starken Depressionen
Wie aber neue Forschungen nahe legen, lässt sich Liebeskummer kaum von einer Krankheit unterscheiden. So untersuchte ein Team unter Leitung des Neurologen Arif Najib von der Universität Tübingen die Gehirne von Frauen, die erst kürzlich von ihrem Partner verlassen worden waren.
Der Befund war erschreckend: Der Verlust hatte zu gravierenden Veränderungen im Gehirn geführt – ähnlich wie bei einer Depression.
Einige Hirnteile, die normalerweise aktiv sind, lagen nun fast brach. Der Mandelkern etwa, eine Struktur tief im Innern des Gehirns, die unsere Gefühle und Motivationen steuert, hatte sein neuronales Licht schlicht ausgeknipst. Auch in dem Areal, das direkt hinter der Stirn liegt – ein entscheidender Bereich für Aufmerksamkeitsprozesse sowie unserer Persönlichkeit - herrschte Funkstille.
In Vorstudien stellten wir fest, dass bei Männern zwar dieselben Regionen reagieren, aber bei ihnen ist ein zehnmal kleineres Areal betroffen.
Wie die Psychologin Grau in Untersuchungen an Schülern und Studenten festgestellt hat, leiden Frauen tatsächlich mehr unter Liebeskummer.
Verliebte sind Junkies. Liebe ist eine Sucht. Hirnscan-Versuche aus den USA und London bestätigen das: Sobald hochgradig verknallte Menschen ein Bild des Menschen, den sie lieben, vor Augen haben, gerät ihr Gehirn in einen Zustand, als hätten sie gerade Kokain geschnupft. Werden wir dann zurückgewiesen, ist das, als setze man unser Gehirn und den Körper auf Drogenentzug. Die gleichen Symptome und Verhaltensweisen treten zu Tage:
- - Appetitlosigkeit, denn nur nach der Droge hungern wir.
- - Zittern, denn nur die Droge hat uns beruhigen können.
- - Trauer, denn nur die Droge kann uns glücklich stimmen.
Und das einzige, was uns durch den Kopf geht, ist: wie wir die Droge wieder bekommen können.
In einem Versuch, veröffentlicht im Forschermagazin „Science“, hat sich zudem gezeigt, dass bei einer sozialen Zurückweisung die gleichen Hirnteile aktiviert werden, wie bei rein körperlichem Schmerz.
Für unser Gehirn fühlt sich Liebeskummer somit ähnlich qualvoll an wie eine Daumenschraube.*)
Liebeskummer versetzt uns in den Zustand von chronischem Stress: Hormone wie Cortisol und Adrenalin werden ausgeschüttet, der Blutdruck steigt – ein Ausnahmezustand, der auf Dauer sogar aufs Herz schlägt, wenn es auch meist nicht wirklich bricht. Unter dem Stress leidet darüber hinaus das Immunsystem. Wir werden auch anfälliger für Infektionen.
Wen es wie hart erwischt, das ist die nächste Frage, die die Krankheit namens Liebeskummer aufgibt. Bei einigen ist die Folter bald verflogen, bei anderen hält sie Monate oder gar Jahre an.
Im Wesentlichen gibt es jedoch drei verschiedene Liebestypen, die auch mit dem Ende der Liebe anders umgehen.
Die so genannten Liebesvermeider verdrängen das Problem, für sie steht die Liebe sowieso nicht im Mittelpunkt ihres Lebens, sie halten es auch gut alleine aus.
Die Liebessicheren, zu denen der Grossteil von uns gehört, gehen durch eine normale Phase des Schmerzes, überwinden diese aber bald – und öffnen sich für eine neue Beziehung.
Am meisten leiden die Liebesunsicheren, sie brauchen die Liebe, wie die Luft zum Atmen. Es sind die Leidenschaftlichsten unter uns, diejenigen, die für die Liebe leben, die an Beziehungen arbeiten. Für die Liebesunsicheren geht mit Ende einer Beziehung die Welt in die Brüche – der Schmerz wirft sie für Monate und manchmal für Jahre aus der Bahn. Die Symptome können bei ihnen gefährliche Ausmasse annehmen, bis hin zu Dauerdepressionen und Suizid.
Die einzige Therapie, die bei ihnen hilft – wenn sie es überleben – ist die Zeit mit all ihren grausamen Auswirkungen.
(Bas Kast)
*) Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Daumenschrauben als Folter dem permanenten Liebeskummer vorzuziehen sind.
Während bei der physischen Anwendung von Folter der Schmerz sukzessive „verblasst“ und in einen dumpfen Hintergrundschmerz übergeht, den unser Gehirn nur noch teilweise bewusst wahrnimmt, weil es sich in weiten Teilen ausblendet, ist die „Folter“ durch Liebeskummer immer im Epizentrum unseres Gehirns allgegenwärtig und uns selbst sehr bewusst. Dadurch intensiviert sich eher der Schmerz und steigert sich bis ins Unerträgliche. Als Folge davon erleidet ein Teil der letzt genannten Gruppe wahre Tantalusqualen, die dann ihren Niederschlag finden in sehr starken Depressionen bis hin zum Suizid. (c.w.)
Verständnis untereinander? - Fehlanzeige!
nachdem ich mit einigen über den artikel vom tagesspiegel diskutiert habe, wurde ich später noch verschiedentlich darauf angesprochen.
bei diesen gesprächen fiel mir auf, dass es von gruppe zu gruppe entweder gar kein oder nur wenig verständnis gibt:
gruppe eins findet, dass gruppe zwei und drei völlig überzogen reagieren und selbst schuld sind, wenn sie leiden. ja, es wird sogar teilweise darauf hingewiesen, dass dieser genannte personenkreis DAS ja so will, was natürlich falsch ist.
ich glaube nicht, dass eine liebeskranke person diese qualen tatsächlich möchte!
personen der gruppe eins jedenfalls sind dieser ansicht und sie glauben auch, mit ihrer ratio jedes gefühl unter kontrolle zu haben, was sicher bei vielen in dieser gruppe stimmen mag, aber auch auf eine gewisse gemütsarmut schliessen lässt.
gruppe zwei wird ja als die NORMALGRUPPE dargestellt, in der sich die meisten menschen bewegen. hier gibt es schon ein grosses empathiepotenzial, was aber nicht ausschliesst, dass der gruppe eins und der gruppe zwei gegenüber unverständnis besteht.
gruppe zwei bedauert die menschen der gruppe drei und bietet auch sehr engagiert hilfen an - da die aber meist nicht angenommen werden können, weil (siehe artikel tagesspiegel) die gruppe drei in ihrem schmerz gefangen ist und allein keine möglichkeit hat, sich daraus zu befreien. therapien, die das beheben könnten, gibt es nicht. als letzter ausweg bliebe medikation von psychopharmaka, was aber ebenso wenig zu empfehlen ist.
"Die Zeit heilt alle Wunden!"
erhält somit eine immer wieder aktuelle bedeutung.
gruppe drei wiederum versteht nicht, warum menschen so schnell ihre liebe "vergessen" können. wie kann es sein, dass ich gestern geliebt habe und heute nichts mehr davon weiss? die ausrichtung dieser gruppe ist klar definiert:
Die Liebe steht im Mittelpunkt des Lebens und gibt diesem somit erst einen Sinn, ohne auf evolutionstechnische Details zurück zu greifen. Dabei versteht sich diese Art von Liebe nicht unbedingt als sexualbezogen. Vielmehr liebt man einen Menschen ohne Wenn und Aber!
und genau diese art von liebe ist es, die bei verlust einen unermesslichen schmerz bereitet. soviel zum thema liebeskummer...
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