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versuch einer analyse der logotherapie frankl´s

(essay von cornelia warnke)

 

Wissenschaftstheoretisch ist unbestritten, dass das logotherapeutische vorgehen frankl´s geordnet, sinnvoll und erfolgreich ist.

definitionen zu begrifflichkeiten sind bei frankl´s lehre allerdings unumgänglich.

das seelische hat mit "erleben", weniger mit "erkennen" zu tun.
darüber aber steht das "sein", der "sinn".

wie geht nun frankl mit dem begriff des "seelischen" um?

in seiner ersten klinischen arbeit aus dem jahre 1925 spricht er von einer behandlung der neurose.

zitat
"wir müssen hier erst seine (des patienten) wertung beeinflussen, um überhaupt den boden für eine weitere behandlung zu schaffen, nämlich die diskutabilität der neurose!"

frankl sieht dabei meines erachtens seine therapie als gespräch, sich mit dem patienten gedanklich über dessen werteinstellungen auseinander zu setzen. hier muss man nun sehen, dass die drei begriffe:

"erleben - entwicklung - ontologische sonderstellung"

zwar in der psychologie ausreichend belegt sind, dort ihren feste, abrufbaren platz haben, in der logotherapie jedoch als psychische indikatoren nicht oder so gut wie nicht eingesetzt werden können.

therapie setzt bei frankl an der entscheidungsfähigkeit des patienten an. für frankl reichen dabei bereits zwei annahmen aus, um alle weiteren fragen zu klären:

annahme 1
"die naturhaft gegebene disposition des patienten kann durch die triebe gestört werden."
annahme 2
"das ICH ist jedoch in der lage, den einfluss des seelischen stets zu beherrschen."

die drei züge des seelischen werden von frankl konsequenterweise nicht indiziert
- es handelt sich hierbei um konkrete inhalte:
eigengesetzlichkeit, erlebnis- oder entwicklungsfähigkeit
- da sie die entscheidungsfähigkeit des patienten nur belasten würden.

frankl´s in sich sinnvoll gegliederte grundannahmen beziehen sich somit auf menschliches leiden und seine überwindung, sind jedoch nicht psychologischer natur.

da sich seine annahmen psychologisch nicht begründen lassen, kann man es aber als appelative (im Sinne einer Gattung - d.Verf.) psychotherapie klassifizieren, ohne einen dissens zwischen vertretern der klassischen psychotherapie heraufzubeschwören, da die unmittelbare wirksamkeit von frankl´s therapie unumstritten ist.

frankl´s umformung von worten und begriffen ist wahrlich meisterhaft!

er brilliert darin, begriffe so um- und auszuformen, dass sie zu skulpturhaften hervorhebungen werden und dadurch unverwechselbare begriffe seiner logotherapie.

aus der früheren verbindung disposition und psychogener inhalt wurde der begriff geistiger konflikt.

nach wie vor ist dabei jedoch der ansatzpunkt der therapie die entscheidungsfähigkeit des patienten. die aufdeckung psycho-physischer wirkungen ist daher sekundär und nicht indiziert.

zusammenfassend kann man also bereits bis hierher sagen, das seelische spielt bei frankl´s therapie eine dem logos oder sinn deutlich untergeordnete rolle. ähnliches gilt dabei auch für das geistige. frankl erkennt ihm seine eigene dynamik zu, die aber seiner meinung nach nicht von triebhaftigkeit, sondern von wertstrebigkeit bestimmt wird.

die seelische triebhaftigkeit geht dabei in das noetische geistige als speisende energie ein.

im rahmen des arzt-patienten-verhältnisses wird oft die sogenannte übertragung zitiert.

f. riemann beschreibt sie wie folgt:
"Die bedeutung der übertragung selbst kann garnicht überschätzt werden. letztlich unterscheidet sich psychoanalyse von anderen psychotherapeutischen verfahren dadurch, dass sie mit übertragung und gegenübertragung arbeitet, dass sie dem patienten in frühe phasen seiner entwicklung regredieren (zurückgehen) lässt, um an die primären störungen heranzukommen, und dass sie ein bestimmtes konzept vom unbewussten hat. hierin liegen die stärken psychoanalytischer therapie."
(f. riemann 1973)

die autorin m. klein beschreibt es folgendermassen:

"In der einen oder anderen form spielt die übertragung lebenslang eine rolle und beeinflusst alle menschlichen beziehungen."
(m. klein 1952)

diese art der übertragung wird in wesentlichen teilen jedoch von frankl als unnötiges betrachtet und ausser acht gelassen, da es seiner meinung nach dem patienten unnötiges leid zufügt.
(frankl 1947)

damit komme ich zu der schlussfolgerung, dass die logotherapeutische fassung des seelischen keine gemeinsamkeit mit herkömmlichen psychologischen auffassungen besitzt. trotz all dieser gegensätze, die scheinbar bestehen, rechnet frankl seine logotherapie ausdrücklich der psychiatrie zu.

parallel zur traumdeutung freud´- und adler´scher prägung generiert frankl auch eine logotherapeutische traumdeutung. die allgemein-psychologischen kriterien erleben, entwicklung und sonderstellung des seelischen sind auch hier wieder nicht anwendbar.

das traumgeschehen und seine deutung werden bei frankl einem geistigen prinzip untergeordnet, und machen somit die vorstellung einer eigengesetzlichkeit des seelischen in der therapeutischen logotherapie überflüssig, was zur folge hat, dass damit auch die beiden gesichtspunkte erleben und entwicklung wegfallen.

ich erspare mir hier einen diskurs über traumdeutung und verweise auf entsprechende literatur (z.B. medizinische literatur zum traumbild von peter schmitz, 437 seiten, mit 62 abbildungen, 295 bibliografischen zitaten und medizinhistorischen beiträgen: band 10 der kölner medizinhistorischen beiträge).

zurückkommen möchte ich noch einmal auf frankl´s umformungen und neuschöpfungen eigens für seine therapie zugeschnittener begriffe. ab 1953 verwendet frankl beispielsweise den begrif dimensionalontologie. er schreibt dort:

"die anthropologische einheit des menschen jedoch lässt sich trotz der ontologischen mannigfaltigkeit des leiblichen, seelischen und geistigen nur verstehen im sinne seiner dimensional-ontologie."

frankl fordert hier (frankl 1959) eine betrachtungsweise, die analog der räumlichen wahrnehmung ihren gegenstand in unterschiedenen, aber zusammenhängenden dimensionen betrachtet. eine derartige betrachtungsweise soll dazu dienen, den noetischen gedanken verständlicher zu machen:

"innerhalb dieses, unseren dimensionalen schemas ergibt sich nun aus der - sit venia verbo - dreidimensionaligkeit des menschen, dass das eigentlich menschliche erst aufscheinen kann, sobald wir uns in die dimension des geistigen hineinbewegen. als mensch wird der mensch erst sichtbar, sofern wir diese dritte dimension in seine betrachtungen einbeziehen, erst dann werden wir des menschen als solchem ansichtig." (frankl 1959)

da frankl seine logotherapie als ergänzung zur zeitgenössischen psychotherapie ansieht, lässt sich anhand seines dimensionalmodells auch erklären, inwiefern sich seine vorstellungen eines pathogenen konflikts von analogen tiefenpsychologischen oder psychiatrischen vorstellungen unterscheiden.

ein konflikt im logotherapeutischen sinne verläuft zwischen dem geist und dem psychophysikum.
für die genese der psychosen bedarf es also keiner echten, vielmehr nur einer pseudopsychogenese. ein weiterer erklärungsbedürftiger begriff frankl´s scheint mir auch der psychonoetische antagonismus zu sein.

frankl schreibt dazu:
"für die logotherapie ist ein biologisches faktum wie die psychose trotz alledem noch lange kein biografisches faktum;

... denn ...

es peilt die logotherapie die mannigfaltigkeit in und trotz der einheit des menschseins, den geist in einem fakultativen antagonismus zur leibseele, den wir - im gegensatz zum psychophysischen parallelismus (der übrigens ein obligater ist) - also als psychonoetischer antagonismus bezeichnet haben."
(frankl 1956)

das logotherapeutische geist-naturverhältnis soll also hier im sinne einer polarität umschrieben werden. zum einen gilt:

"die konkreten inhalte des seelischen können in verbindung mit der physischen konstitution psychische erkrankungen hervorrufen, andererseits kann sich das seelische aber auch in ich-speisende energie verwandeln."

frankl geht hier unter anderem von einer geistigen nichterkrankbarkeit des menschen aus, gerät andererseits aber auch in erklärungsnot angesichts der wirklichkeit einer unheilbaren krankheit wie der schizophrenie. allerdings muss man sagen, dass sich frankl durchaus dieser diskrepanz bewusst ist. er lässt deshalb auch den widerspruch offen und sagt:

"auch die übergeordnete geistige wirksamkeit im menschen kann erkranken."

damit spricht frankl im besonderen von der "schizophrenie als geisteskrankheit".

das eigentliche therapeutische geschehen unter dem gesichtspunkt des psychonoetischen antagonismus steht dagegen völlig widerspruchsfrei!

deutlich wird hier jedenfalls, warum die aufdeckung der psychogenie der konkreten inhalte aus logotherapeutischer sicht unnötig ist. gleichzeitig lässt sich aber auch feststellen, warum für den patienten eine notwendigkeit besteht, eine der drei wertgruppierungen in seinem leben zu verwirklichen.

kommen wir nun zur paradoxen intention, einer weiteren begrifflichkeit frankl´s.

im gegensatz zu den anderen begrifflichkeiten bezieht sich frankl hier ausdrücklich auf klinische umstände, die dazu führten, dass er die paradoxe intention entdeckte.

es handelt sich dabei um ein "danach-gespräch" mit einem patienten,der frankl sagte, dieser hätte ihm doch "alles" erzählt, was er nur als patient reflektiert und an frankl wieder gegeben habe. frankl war ziemlich erstaunt darüber. aus dieser, fpr frankl also überraschenden entwicklung heraus, entwickelte er nun ganz gezielt eine technik, die vom patienten gefürchtete zwangsvorstellung noch zu verstärken und zu übertreiben.

er beschreibt dies im falle einer patientin folgendermassen:

"die patientin leidet am waschzwang... wird fürs erste angewiesen, zwischen den zwangsneurotischen impulsen und den gesunden intentionen zu differenzieren und damit von jenem sich zu distanzieren. später lernt sie, aus dieser distanz heraus die zwangsneurotischen einfälle gleichsam ad absurdum zu führen und ihnen sozusagen den wind aus den segeln zu nehmen, etwa in der form:
"ich fürchte, die hände seien noch nicht rein genug? ich nehme an, sie seien sogar noch sehr schmutzig - und ich will, dass sie noch viel schmutziger seien!"

statt die zwangsneurotischen impulse zu bekämpfen - druck erzeugt gegendruck! - wird die patientin dazu angehalten, sie mit humorvollen formeln (humor schafft distanz) zu übertreiben - zu überwinden.
(frankl 1939

immer wieder halten kritiker aus dem bereich der herkömmlichen psychoanalyse frankl vor, er verknüpfe hier theologische (jüdische) werte mit seiner tätigkeit als psychiater. andere wiederum sprechen hier zwar nicht direkt von einer theologischen zuwendung, aber von einer ethisch geprägten therapie.

"in my view logotherapy is not only a psychology to jewish theology but it is the jewish psychotherapy."

dieser satz stammt von N. Grossmann, 1969

da sowohl freud als auch frankl beide jüdischer abstammung sind, wird von vielen autoren häufig angeführt, sie würden beide mit elementen jüdischer denkweisen und den säkularisierten (verweltlichten) resten jüdischjer glaubensvorstellungen operieren.

ganz von der hand weisen lässt sich das meiner auffassung nach nicht, scheint mir jedoch im hinblick auf die wirksamkeit von frankl´s logotherapie eher von sekundärer bedeutung zu sein, da insgesamt ja sein system anerkanntermassen konzeptional schlüssig ist und beim patienten erfolgreich greift.

eine ganze menge zu diesem verwirrspiel hat natürlich frankl selbst beigetragen, als er 1946 (übrigens das jahr, in dem ich geboren wurde) sein buch "Ärztliche Seelsorge" veröffentlichte.

so könnte man allein von dem begriff "Seelsorge", der ja assoziationen an theologische gedanken wachruft, von einer moraltheologie oder theologisierten philosophie sprechen - dem widerspricht jedoch nicht nur frankl, sondern seine Logotherapie selbst!

frankl lässt nämlich nie einen zweifel daran, dass er mit der logotherapie eine sehr konkrete psychotherapie im sinn hat.

in allen seinen schriften erklärt er, dass er im sinne einer Ganzheit die logotherapie als eine wichtige Ergänzung ansieht.

trotz seiner unbestreitbaren erfolge muss man jedoch sagen, dass frankl´s logotherapie zwar weltweit bekannt und anerkanntjedoch leider - muss man so sagen - lediglich eine krasse aussenseiterrolle spielt.

frankl´s anschauungen, die ja im gegensatz zu freud (lustprinzip) und adler (machtprinzip) auf dem Sinnprinzip beruhen, haben diesen Sinn über das Seelische und ernennen ihn (den sinn) zu einem Höhergeistigen, man könnte auch Meta-Sinn sagen.

Sinnprinzip heisst hier auch;

willen zum sinn, wobei wille heisst, eine person wird nicht getrieben, sondern gezogen, weil ein trieb eine sich selbst aufhebende beantwortung erfordert (nahrungsaufnahme, sexuelle aktivität), während der wille auf eine teleologische (alle entwicklung in der natur, im kosmos ist zweckbestimmt - anmerkung) motivation hinweist, die mit erfüllung zu tun hat.

in den säkularen diemensionen dieser zeit ist auch die teleologie zu einem grossen teil aus der begrifflichkeit der theologie entstanden. so kann es nicht wunder nehmen, dass frankl´s unausgesprochene gottesvorstellung von vielen ihn kommentierenden autoren (z.b. R. Bulka, Ch. Bühler, W. Sahakian u.a.) teleologisch formuliert und gedeutet wird.

"die menschliche existenz transzendiert sich selbst und das ziel des menschen besteht darin, sein leben mit einem persönlichen sinn zu erfüllen..."

der gemeinsame nenner dieser konzepte ist, dass alle humanistischen psychologen das ziel eines lebens darin sehen, etwas zu verwirklichen, woran man glaubt
(frankl 1969)

der kanadische rabbiner r. bulka hat sich ausgiebig mit frankl´s therapie beschäftigt. er zieht dabei direkte parallelen - ohne jedoch eine wertung vorzunehmen - zwischen frankl´s denken und jüdischen religionsvorstellungen:

... intuitiv spürt man sofort, dass der begriff Sinn, den frankl hier verwendet, nahe verwandt ist mit dem, was der talmud mit dem begriff Thora ausdrücken möchte.

frankl´s primäres ziel beim arzt-patient-gespräch jedoch ist und bleibt die Sinnfindung der menschlichen existenz!

somit wird auch klar, warum frankl einmal von Existenzanalyse im logotherapeutischen sinn spricht, dann wieder von Logotherapie.

es handelt sich hier um zwei verschiedene begriffe für eine therapie!

frankl geht primär von drei Wertgruppierungen aus, die relevant für das leben des patienten sind:

    1. die unterste stufe - sind schöpferische werte, die sich durch ein schaffen realisieren
    2. die nächsthöhere gruppe umfasst die so genannten Erlebniswerte. frankl ist der ansicht, ein völliges aufgehen im Erleben von musik und natur kann rückwirkend dem ganzen leben Sinn geben.
    3. die oberste stufe der therapeutisch relevanten werte, die so genannten Einstellungswerte gegenüber einem unabänderlichen schicksal. gemeint ist unter anderem die haltung des patientenim leiden. als beispiel tapferkeit oder seine würde bewahren im untergang bis hin zum tod.

ich denke, frankl´s erfahrungen aus den verschiedenen konzentrationslagern haben sich hier entscheidend mit niedergeschlagen. durch die von ihm gesetzten prämissen war es ihm aller wahrscheinlichkeit nach nur möglich, diese Todeszeit zu überleben. daraus letztendlich dann auch noch bausteine für eine eigenständige therapieform - die Logotherapie - zu machen, nötigt mir respekt und bewunderung ab.

ich denke, sehr viele menschen waren damals verzweifelt und scheiterten psychisch und auch moralisch beim täglichen überlebenskampf in den todeslagern. und eben hier zeigt sich das kämpferische und zugleich auch ein grosser charismatischer geist.

bereits 1938 versuchte frankl freuds begriff der Anpassung und adlers begriff der Gestaltung dem noetischen begriff der Entfaltung unter zu ordnen. in einer seiner thesen gelingt es ihm auch, die bereiche Logotherapie und Psychotherapie sinnvoll zu vereinen.

er selbst geht auf die ursprünglichen formen menschlichen Seins ein, dass eben Bewusstsein und Verantwortlich-Sein die beiden grundtatsachen des Da-Seins ausmachen.

kleiden wir dies in eine anthropologische formel, so ergibt sich:

Mensch-Sein bedeutet Bewusst-Sein und Verantwortlich-Sein!

psychoanalyse (freud) und individualanalyse (adler) sind von ihrer anthropologischen ausgangsstellung her gegensätzlich, aber bereits hier lässt sich sagen, ihre gegensätze erweisen sich als einander ergänzend (vgl. dazu auch die schriften von c.g.jung)

zwischenzeitlich gibt es eine reihe von autoren - vorwiegend im nordamerikanischen raum - die die logotherapie daraufhin untersuchen und auch forschend tätig sind, ob und vor allem wie weit die so genannte Zen-Philosophie gemeinsamkeiten mit frankl´s logotherapie aufweist.

gleichzeitig versuchen diese wissenschaftler - und zwar auf einem sehr hohen niveau - durch verknüpfung der logotherapie mit der zen-philosophie sowohl anthropüologische als auch pädagogische fragen zu beantworten.

frankl stellt in einer seiner zahlreichen schriften offen eine frage zur diskussion:

wenn Anpassung der psychoanalyse und Gestaltung der individualpsychologie sich einander ergänzen - was er, frankl eindeutig bejaht - warum soll es nicht eine dritte, eine überhöhte dimension der Erfüllung geben.

also Tiefenpsychologie auf der einen seite und als gegengewicht, jedoch nicht konträr zu sehen, ein noetisches system, genannt vielleicht Höhenpsychologie.

dabei hebt frankl hervor, dass sowohl psychoanalyse als auch individualpsychologie nicht alle vorhandenen möglichkeiten ausschöpfen. ein weiter gehender schritt zur Logotherapie und damit zur seelisch-geistigen Wirklichkeit würde allerdings die grenzüberschreitung der psychologischen in eine noetische kategorie, der Erfüllung erfordern.

der wissenschaftler Beke spricht übrigens im hinblick auf frankl´s logotherapie von einer Belehrungstherapie.

frankl selbst streitet dies in keinster weise ab! in einem schreiben von 1947 äussert er sich folgendermassen:

solange er (der mensch) bewusstsein hat, hat er auch Verantwortlich-Sein. seine verpflichtung, werte zu verwirklichen, lässt ihn bis zum letzten augenblick seines daseins nicht mehr los. eine direkte inhaltliche beeinflussung lehne ich jedoch ab. statt dessen möchte ich auf die Verantwortlichkeit des patienten für sein eigenes dasein verweisen.

immer wieder weist frankl gezielt auf die unterschiede von psycho- und existenzanalyse hin. Psychoanalyse macht Triebhaftes, während die existenzanalyse Geistiges bewusst macht.

sehe ich mir nun frankl´s logotherapie unter all diesen von mir beschriebenen aspekten an, kann ich zusammenfassend sagen,dass die logotherapie in weiten teilen der welt ihren platz und damit ihre anerkennung gefunden hat. vorzugsweise im amerikanischen raum ist die logotherapie anerkannt und beliebt. aus sicht der heutigen psychiatrie spielt sie jedoch lediglich und auch erwartungsgemäss speziell im europäischen raum (viele sehr egoistische und kurzsichtige faktoren und meinungen aus dem bereich der schulwissenschaft stehen hier dagegen) lediglich eine aussenseiterrolle.

gerade in deutschland waren und sind die verschiedenen etablierten richtungen innerhalb der psychiatrie mit ihren zumeist erzkonservativen wissenschaftlern an der spitze zu allen zeiten die ausbremser von innovativen ideen und neuerungen. denen stehen sie von vorn herein meist ablehnend gegenüber.

es gibt also unter frankl´s kritikern eine reihe von leuten, die abseits vernünftiger logik argumentieren, frankl am liebsten totschweigen würden oder ihn zumindest scharf kritisieren. doch auch diese kleingeistigen wissenschaftler kommen nicht drum herum, seine erfolge anerkennen zu müssen!

erschwerend für eine vernünftige auseinandersetzung mit der logotherapie kommt noch hinzu, dass selbst psychiater einer richtung in sich zerstritten sind und über verschiedene erkrankungen völlig gegensätzlicher meinung, was nicht grade das vertrauen in die psychiatrie stärkt!

V. von Gebsattel berichtet beispsielsweise in diesem zusammenhang von seinen - sich lustig zu lesenden - erfahrungen:

als ich eines abends in münchen mit max scheler von einer tagung von freudianern, jungianern und psychiatern, auf der es recht stürmich zuging und jeder an jedem vorbei redete, nach hause ging, machte er (max scheler) eine geistvolle bemerkung:

was wir da erlebt haben, war keine diskussion von wissenschaftlich orientierten forschern - das war ein religionskrieg zwischen atheisten!

und wir unterhielten uns noch lange über das sonderbare vorkommnis, dass psychologische meinungsverschiedenheiten einen siedegrad hervor zu rufen vermögen, wie er sonst nur durch das aufeinander treffen von orthodoxie und ketzertum entsteht.

wenn es um schizophrene erkrankungen geht, vertreten viele psychiater die verschiedensten auffassungfen. demgemäss ist eigentlich klar, das frankl ebenfalls im zuge seiner Ergänzungs-Psychotherapie (logotherapie) dazu stellung bezieht. er entwickelt dabei folgende existenzanalytische vorstellung:

der schizophrene leidet an einer hypotonie(eigentlich verminderte muskelspannung, verminderter augendruck oder niedriger blutdruck - anm. c.w.) des bewusstseins infolge insuffizienz (mangelnde leistungsfähigkeit) teils realieter, teils erlebnismässig psychischen Aktivität! dadurch kommt es in der schizophrenie aber nicht nur zu einer einschränkung des Ich qua bewusstsein, sondern auch qua verantwortlichsein, qua verantwortliches subjekt-sein...

in der schizophrenie erscheint uns also das menschsein als solches und als ganzes vom psychotischen prozess her affiziert (befallen) ...

beim schizophrenen hat aber die existenzanalyse gezeigt, dass dieses menschsein selber mitaffiziert ist, bzw. sein kann, dass dass nach seine vorstellungen der logotherapie unter anderem auch die geistige Dimension des menschen erkranken kann. somit wird dieses menschsein vom krankheitsprozess her selbst gestaltet (siehe frankl 1947)

es gibt in unserer heutigen medizin bisher keine eindeutige festlegung, was nun eigentlich gesundheit ist.

jeder arzt befindet darüber im einzelfall auf grund seiner persönlichen erfahrungen.

K. Jaspers wies schon frühzeitig richtigerweise darauf hin und sagte dazu:

die begriffe gesund und krank gebraucht jedermann zur beurteilung von lebenserscheinungen, leistungen und menschen. erstaunlich ist oft die naive sicherheit, im gebrauch dieses begriffspaares und zugleich die ängstliche scheu vor ihm. man erlaubt sich hohnlächelnd mit psychiatrischen kategorien zu verurteilen, und man schilt doch - auf die psychiater als auf geborene ignoranten - die eine art parallelerscheinungen zur inquisition darstellten, nur ohne deren blutigen ernst ... sammelt man beispiele für die art solcher anwendung des begriffes krank, so wird man immer weniger wissen, was dann gesund und krank nun wirklich bedeuten (Jaspers 1965)

einen grossen anteil an psychischen erkrankungen schreibt frankl also hauptsächlich dem Gefühl abgründiger Sinnlosigkeit zu.

diesem existenziellen Vakuum will er mit hilfe seiner logotherapie begegnen und hat damit auch anerkannterweise grosse erfolge aufzuweisen, die nicht! von seiner charismatischen erscheinung getragen werden, wie einige vielleicht meinen!

cornelia warnke am 28.02.2003

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