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die erbschaft

Rrrrrriiiinnnnngggg...

ich hebe verschlafen meinen kopf -
kann nicht mal jemand an die tür gehen?

wieder klingelt es - lang anhaltend und aufdringlich schrill. jetzt weiß ich es wieder, ich bin allein in meiner wohnung. also rapple ich mich langsam auf, gähne herzhaft, um mich sodann zur tür zu begeben.

rasselnd fällt die sperrkette und ich öffne die tür einen spalt breit.

"was´n los?"

frage ich mit trockener und wie eingerostet klingender stimme.

"post für sie."

ich mache die tür ganz auf und nehme mit halb geschlossenen augen den mir entgegen gestreckten brief an.

irgendwas von anwaltsbüro "soundso" lese ich als absender.

nuschelnd bedanke ich mich und gehe, die tür hinter mir ins schloß fallen lassend, in die küche. da ich am vorabend bereits die kaffeemaschine befüllt hatte, reicht jetzt ein kleiner druck auf den on-button.

ich will ins badezimmer und lege auf dem weg dorthin diesen ominösen brief auf meinem küchentisch ab.

eine handvoll wasser - natürlich eiskalt - läßt mich prusten und erweckt mich augenblicklich von den toten. das gesicht abtrocknend gehe ich langsam in die küche zurück und werfe das handtuch lässig quer über einen der dort stehenden stühle. Dann setze ich mich, nehme den brief zur hand und drehe ihn unentschlossen und gedankenvoll zwischen meinen fingern. Schließlich gebe ich mir einen ruck und öffne ihn mit einem stoßseufzer.

Ein recht kurz gehaltenes anschreiben von dieser anwaltskanzlei fällt in meine hände. Ich reibe meine immer noch müden augen und versuche, den brief zu entziffern. Da steht irgend etwas von einer erbschaft.

erbschaft?

ich?

hmmmmm……

ich lese noch einmal langsam den brief – aha! – tante else ist tot!

na so was…

ich gebe mir keine besondere mühe, trauer zu empfinden. Immerhin habe ich meine tante else das letzte mal vor vielleicht fünfzehn jahren anlässlich omas geburtstag gesehen. Da fällt es einem schon schwer, tiefere gefühle zu empfinden.

aber hier steht ja – ich habe geerbt! – ich in der alleinform – ich als singular. Ich soll nämlich angeblich alleinerbin sein.

wie zum teufel kommt meine ähemmm – liebe – verstorbene tante else eigentlich dazu, mich zur alleinerbin ihres – ich weiß nicht was und wie viel – vermögens zu machen? ich schlurfe ins wohnzimmer, in alle möglichen gedanken verstrickt und wähle, den telefonhörer in die hand nehmend, die im briefkopf des schreibens stehende nummer.

eine sonore stimme meldet sich.

ich nenne meinen namen und die stimme drüben am anderen ende der leitung wird plötzlich scheißfreundlich. oder kommt es mir nur so vor?

egal!

man hat jedenfalls schon auf meinen anruf gewartet. ob ich nicht noch heute vorbei kommen könnte?

ich könnte schon – überlege aber ernsthaft, ob sich das überhaupt lohnt.

ach was – ich sage der person am telefon, ich würde am späten nachmittag erscheinen, weil ich jetzt noch geschäftlich zu tun hätte. man ist dort mit diesem termin einverstanden und ich lege zufrieden auf. dann gieße ich mir eine tasse kaffee ein – schön stark natürlich zum wachwerden – die maschine hat inzwischen ja brav ihren dienst verrichtet und den kaffee fertig gestellt. ich würze ihn noch mit milch und zucker. ein kräftiger schluck belebt meine geister und ich erhebe mich von dem küchenstuhl, strecke mich und gähne noch einmal ausgiebig, dabei meinen nacken zur entspannung hin und her drehend.

schon im gehen begriffen, nehme ich einen letzten schnellen schluck aus der tasse, dann bin ich auch schon unterwegs in mein schlafzimmer, wo mein riesiges weiches kuschelbett auf mich wartet. einen behaglichen seufzer ausstoßend, lasse ich mich aufs bett fallen, ziehe mir die tagesdecke bis über die ohren und auch schon eingeschlafen.

irgendwann werde ich halbwach, wälze mich unruhig – zwischen traum und realität schwebend – hin und her und versuche, meine gedanken zu ordnen, mit ihnen klar zu kommen.

war da nicht was?

irgendwas mit einem brief…

tante else…

hmmmmm…

hey, na klar!

jetzt weiß ich es wieder und bin auch schon hellwach.

ich habe doch geerbt!

zwar weiß ich immer noch nicht, was ich geerbt habe, aber das ist im moment auch egal. Schnell springe ich aus dem bett, hüpfe unter die eiskalte dusche und bin dann im nu angezogen. noch ein wenig kajal um die augen, die lippen ein wenig mit einem dezenten lippenstift nachgezogen, alle zehn finger durch die haare gezogen und schon bin ich ausgehfertig.

ich schwirre los, schließe hinter mir aus alter gewohnheit die tür zweimal ab und springe, immer mehrere treppenstufen auf einmal nehmend, die treppe runter. draußen werfe ich mich in mein geliebtes altes auto und düse ab in richtung anwaltskanzlei.

bereits fünfzehn minuten später stehe ich im sekretariat der kanzlei. als ich meinen namen nenne, lächelt mich die vorzimmerdame freundlich an und geleitet mich zuvorkommend in ein kleines konferenzzimmer.

auf meine nachfrage hin serviert man mir einen kaffee und bittet mich, für einige minuten platz zu nehmen. gerade bin ich dabei, den doch etwas dünnen kaffee zu inhalieren, da öffnet sich leise die tür und ein weißhaariger mann, sehr distinguiert aussehend, betritt den raum.

der mann geht zielstrebig auf mich zu, dabei ein wurstiges patschhändchen in meine richtung haltend. ein irgendwie freundliches lächeln scheint in sein gesicht eingemeißelt. ich bleibe sitzen und strecke ihm meine zartgliedrige hand entgegen, die er sogleich fast überschwänglich ergreift und nachhaltig schüttelt. dabei versichert er mir, wie leid es ihm tue, dass meine tante – sicher ein engel auf erden (???) – schon so früh ins jenseits gewechselt sei.

während dieses bombardements an beileidsbekundungen schüttelt er weiter meine hand, als wenn diese zum longdrink mutiert wäre. ich finde es unangemessen und entziehe ihm die hand, dabei unauffällig prüfend, ob auch noch alle meine finger dran sind. nachdem ich nichts vermisse und so auch keinen direkten grund zur klage habe, setzen wir uns beide und er eröffnet mir mit seiner sonoren stimme, dass ich ja bereits aus dem brief wüsste, meine tante sei gestorben und hätte mich als alleinerbin eingesetzt.

ja, er geht noch einen schritt weiter und spricht von einem größeren vermögen, welches mir sicher gut zu gesicht stehen würde – dieser schleimer! – setzt aber gleichzeitig hinzu, es gäbe da noch etwas, was ich tun müsste, um auch ganz sicher das vermögen zu erhalten.

jetzt horche ich doch auf und bin voll bei der sache – ich soll etwas tun?

und wenn ja, was?

ich schaue ihn nun ganz offen misstrauisch an. Er sieht meinen kritischen blick und ein schmunzeln macht seine lachfalten sichtbar.

umständlich setzt er sich auf seinem stuhl zurecht, räuspert sich verhalten und eröffnet mir schließlich, meine tante hätte testamentarisch verfügt, ich bekäme das erbe dann und nur dann, wenn ich zuvor eine aufgabe lösen würde.

diese aufgabe – der anwalt unterbricht sich und faßt in seine linke brusttasche, dabei einen verschlossenen braunen umschlag hervorziehend, der über und über mit irgendwelchen stempeln übersät ist – bestünde darin, den inhalt eines schmuckkästchens zu erraten.

ich schaue weißlocke nun noch misstrauischer an – will der mich verarschen? er scheint meine gedanken erraten zu haben und sagt daraufhin , daß diese aufgabe nicht gar so schwer sei, wie ich momentan vermuten würde und es habe auch alles seine ordnung, die aufgabe und die verteilung des vermögens betreffend. Zumal ich sie mit ein wenig logik und meinem – wie er von meiner tante wisse – zweifellos vorhandenen talent für mathematik recht leicht lösen könne. er zumindest sehe da überhaupt keine probleme.

na da bin ich aber mal gespannt…

„zuerst muß ich sie natürlich fragen, ob sie das erbe überhaupt antreten wollen und wenn ja, sind sie dann auch bereit, sich der forderung zu stellen, das rätsel zu lösen?“

der anwalt sieht mich, jetzt mit ernster miene, fragend an.

ich nicke ergeben mit dem kopf.

der anwalt scheint zufrieden und öffnet mit einer routinierten bewegung den verschlossenen, immer noch in seiner hand befindlichen umschlag. Hervor kommt ein zusammgefaltetes dokument, welches ebenfalls etliche stempel zu tragen scheint. Umständlich entfaltet der anwalt das schreiben, zieht dann aus einer seiner brusttaschen ein etui, dem er eine lesebrille entnimmt, sie sich auf seine nase setzt, um sich dann voll und ganz dem papier zuzuwenden. langsam, sorgfältig jedes wort betonend, liest er den inhalt des schreibens vor.

im wesentlichen ist es ein aufguß der schon vorher von ihm gehörten worte, zusätzlich allerdings garniert mit der eigentlichen aufgabe, die ja das wichtigste dabei für mich ist.

be or not to be – sein oder nichtsein eines vermögens…

nun holt er ein zweites blatt aus dem umschlag:

„hier steht die aufgabe noch einmal ganz genau und auch, wie viel zeit darauf verwandt werden darf. Sie haben nämlich exakt zwei stunden zeit, dieses rätsel zu lösen, ansonst fällt das vermögen an eine stiftung zur rettung gefährdeter tierarten. Haben sie das alles auch richtig verstanden?“

ich nicke wortlos.

„sind sie bereit, sich jetzt sofort an die lösung der aufgabe zu machen?“

wieder nicke ich wortlos.

jetzt geht alles ziemlich schnell. Er ruft die sekretärin herein, trägt ihr auf, mir eine kanne kaffee – „mit milch und zucker?“ – er sieht mich fragend an, worauf ich wieder nicke (nicken scheint momentan „in“ bei mir zu sein), zu holen. außerdem solle sie eine art eieruhr mitbringen, die mir die zeit anzeigen solle, die bereits verstrichen sei bei meiner schwerarbeit.

„sie wissen aber, wenn sie das rätsel nicht lösen, erben sie garnix! Denn nach exakt zwei stunden werde ich wieder hier stehen und nachschauen, ob sie das rätsel gelöst haben. Sollte dies nicht der fall sein, erbt diese bereits vorher erwähnte institution alles.“

im prinzip habe ich ja gar nichts dagegen, dass so ein verein kohle erbt. immerhin tun sie etwas für unsere mutter erde. aber gewinnen möchte ich natürlich auch. Wer würde auch nicht gern ein vermögen erben wollen? da bin ich nicht total anders als andere menschen. die höhe des vermögens und auch die art jedoch machen mich neugierig und auf eine gewisse weise ist auch mein ehrgeiz angestachelt.

nun zu der eigentlichen aufgabe:

a)   da gibt es einen schmuckkasten
b)   in ihm befinden sich exakt 50 (fünfzig) verschiedene edelsteine
c)   die edelsteine unterteilen sich in rubine, saphire und diamanten
d)   es gibt doppelt so viele rubine wie saphire
e)   die anzahl der diamanten entspricht einem sechstel der rubine
f)   wie viele rubine gibt es
g)   wie viele saphire gibt es
h)   wie viele diamanten gibt es

ich lese mir noch einmal in ruhe alles durch, sehe mir die aufgabe an und muß wider willen grinsen.

na so was!

da hatte ich doch mit geistiger schwerstarbeit gerechnet und nun so etwas. das hier ist in der tat ein kinderspiel.

in sekundenschnelle schreibe ich das ergebnis auf das blatt und überlege, ob ich die verbleibende zeit nicht mit kaffeetrinken und fliegenfangen vertrödeln sollte. ich entscheide mich dann jedoch dagegen und rufe die sekretärin herein. ich eröffne ihr, dass ich die aufgabe gelöst hätte und sie könne dem anwalt, ihrem boß bescheid geben.

sie sieht mich etwas zweifelnd an, zuckt dann jedoch mit den schultern und verlässt das zimmer. zwei atemzüge später geht die tür wieder auf und der anwalt kommt in den raum.

„haben sie etwas nicht verstanden? vielleicht ist ihnen ja auch die aufgabe zu schwer und sie möchten aufgeben?“

er sieht mich bei diesen worten fragend an.

ich grinse lediglich wie ein honigkuchenpferd und sage lakonisch:

„ich habe die aufgabe – wie ich hoffe – richtig gelöst und würde jetzt gern wissen, was ich eigentlich geerbt habe.“

offensichtlich etwas irritiert und verwirrt tritt der mann an den tisch, entnimmt einer seiner taschen ein blatt papier und vergleicht das ergebnis meiner gedankenarbeit mit dem dort stehenden. Er scheint zufrieden, nickt mehrmals und sagt schließlich:

„gratuliere! – das erbe gehört nun ihnen.“

boahhh – na jetzt bin ich aber gespannt…

seid ihr auch schon gespannt?

dann versucht doch mal, die aufgabe zu lösen – viel glück dabei.

-mowo-

 

 


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