Gesundheitsminister Roesler
uebernimmt das Amt des Parteichefs der FDP
und gleichzeitig auch den Vizekanzler

Die FDP bekommt also einen neuen Parteichef - Westerwelle ade - und wir Deutschen bekommen einen neuen Vizekanzler - Dr. Philip Rösler.

Da steht er nun, souverän lächelnd - unergründlich, nicht fassbar. Auf Fragen weiss er gut zu antworten, eben ein smarter "Junge", den sich viele Frauen als Schwiegersohn wünschen würden. Er ist eloquent und dazu noch ein scharfer Denker, der stets weiss, was er sagt und wo er bei seiner Rede gerade ist - ein Mensch, der sich total unter Kontrolle hat.

Eben noch "nur" Gesundheitsminister, schickt er sich an, der mächtigste Mann in der FDP und die zweite politische Grösse nach Angela Merkel zu werden.

Doch wer ist dieser Dr. Rösler eigentlich?

Seine Vita kann jeder Mensch im Internet nachlesen, weshalb ich hier auf nähere Details verzichte. Mich interessiert viel mehr, was er in seiner Funktion als Gesundheitsminister geleistet hat und wie gut oder schlecht seine Gesundheitsreform wirklich ist.

Eines schon mal vorab: Die Zeche für diese Reform bezahlen die Versicherten.

Rösler träumt zum Beispiel davon, eine Kopfpauschale einzuführen, deren Höhe jede Krankenkasse selbst bestimmen kann und die irgendwann den jetzigen prozentualen Satz verdrängt.

Durch die Hintertür hat er immerhin etwas ähnliches wie eine Kopfpauschale geschaffen - Kankenkassen dürfen jetzt einen Zusatzbeitrag nehmen, wobei ihnen die Höhe dieses Beitrages überlassen wird. Es gibt mahnende Stimmen, die befürchten, dass in ein paar Jahren die Versicherten allein beim Zusatzbeitrag mehr als 80 Euro monatlich aufbringen müssten.

Hinzu kommt, dass Rösler die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge ebenfalls verändert hat. Arbeitgeber zahlen nun 7,3 Prozent, die auf Dauer festgeschrieben sind, während die Arbeitnehmer zur Zeit 15,5 Prozent zahlen sollen, deren Höhe aber unbegrenzt ist. Das heisst im Klartext, dass die Arbeitgeber - egal wie hoch die Sätze steigen, nur mit den festgeschriebenen 7,3 Prozent belastet werden.

Steinmeier:

"Minister befördert Selbstbedienungsmentalität in der Pharmabranche" - Bundestag beschließt Arzneimittel-Sparpaket und Rösler legt "die Axt an eines der besten Gesundheitssysteme der Welt", Der Minister plant den "Umsturz durch die Hintertür": Er beendet die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, führt die Kopfpauschale ein und bittet die Versicherten künftig zur Vorkasse beim Arzt. "Damit zerstört Herr Rösler die Vertrauensgrundlage, auf der unser erfolgreicher Sozialstaat seit vielen Jahrzehnten beruht".

Das Arzneimittel-Sparpaket des Ministers wurde vom Bundestag verabschiedet.314 Abgeordnete waren für das Gesetz, 269 waren dagegen.

Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt wörtlich:

"Das Gesetz ist nichts anderes als eine Mogelpackung. Die Einsparziele werden nicht erreicht. Die Arzneimittel-hersteller werden mit überhöhten Preisen in die Verhandlungen einsteigen. Zudem gibt es jede Menge Schlupflöcher bei der Nutzenbewertung. "

Hier noch einmal die wesentlichen Punkte:

  • Der Krankenkassenbeitrag steigt dem Beschluss zufolge zum 1. Januar 2011 von 14,9 auf 15,5 Prozent.
  • Alle künftigen Kostensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung sollen von den Versicherten durch Zusatzbeiträge finanziert werden.
  • Die Zusatzbeiträge sind vom Einkommen unabhängig und müssen von den Versicherten alleine bezahlt werden. Für Bedürftige ist ein steuerfinanzierter Sozialausgleich vorgesehen. Der Kassenbeitrag der Arbeitgeber wird bei 7,3 Prozent eingefroren.
  • Zudem werden die Ausgaben bei Ärzten, Krankenhäusern und Kassen begrenzt.

Die SPD-Abgeordnete Andrea Nahles sagt:

Wir erleben heute den ersten Schritt in die Privatisierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Vorhaben ist unsozial, es ist "schlecht für 70 Millionen gesetzlich Versicherte".

Was hier von Rösler vollmundig als Gesundheitsreform verkauft wird, ist nichts anderes als eine Abzocke der Versicherten!

Rösler will aber noch mehr: er will, dass die gesetzlichen Kassen die Vorkasse bei Arztbesuchen nach dem Vobild der privaten Kankenkassen übernehmen. Meines Erachtens würde das dazu führen, dass arme Leute nun nicht mehr zum Arzt gehen, oder erst dann, wenn es zu spät ist.

Der Sozialverband VdK sagt, dass durch die Berechnung allein auf Basis der Lohneinkommen finanziell Schwächere nun gänzlich an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden.

Der Spiegel sagt:

Die Gesundheitspolitik der Koalition agiert im Sinne der Pharmaunternehmen und privaten Krankenversicherungen. Alle Sparbemühungen des Bundesgesundheitsministers Rösler (FDP) sind gescheitert. Auch in Zukunft werden die Preise für Arzneimittel von der Pharmaindustrie diktiert. Die Regierung bringt nun ein staatliches Förderungsprogramm für die privaten Versicherungen auf den Weg. Der vorgesehene schnellere Wechsel für gut Verdienende von der gesetzlichen in die private Krankenkasse schwächt die gesetzlichen Krankenversicherungen. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankversicherung wird in Zukunft durch immer höhere Zusatzbeiträge der Bürger sichergestellt werden müssen. Einen Beitrag zur nachhaltigen Strukturreform leistet die schwarz-gelbe Gesundheitspolitik nicht.

Was nun wird Dr. Rösler anders und besser machen als Westerwelle?

Er will das FDP-Programm entrümpeln. Wie, das sagt er noch nicht. Darauf angesprochen, was mit den Leuten ist, die ursprünglich gehen sollten, sagt er floskelhaft, dass sie bleiben würden, da sie eine gute Arbeit gemacht hätten. Es gäbe also keine personellen Veränderungen in der Parteispitze.

Nehme ich jetzt also die Gesundheitsreform, die Rösler auf den Weg gebracht hat, als Massstab, dann glaube ich, werden wir uns weg von einem Sozialstaat hin zu einem Gebilde ähnlich den USA bewegen, wo immerhin Hunderttausende ihr Bett tagtäglich auf den Bürgersteigen der Städte aufschlagen. Eine fürwahr erquickende Vision :(

cornelia warnke 6.04.2011

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